Interview im Funkturm

Vom 25.05.2011

Ich bin der Einladung von Christian Doermer gefolgt und war am 17.3.2007 zu Gast in der Sendung Funkturm auf Radio Charivari.

Vom Koma zum Ironman

Josef Bartl im Gespräch mit Christian M. Doermer am 27. März 2007

Ein Funkturm/Ensemble am Chiemsee Programm

Mit freundlicher Genehmigung vom FunkTurm

Transcript der Sendung

Christian M. Doermer: Ja Grüß Gott liebe Zuhörer, am Mikrofon begrüßt Sie zu einer Stunde Funkturm, hier bei Charivari, Christian Doermer. Im Gespräch mit Josef Bartl, der neben mir sitzt. Grüß Gott Herr Bartl.

Josef Bartl: Grüß Gott Herr Doermer.

Christian: Wir sitzen hier bei wunderbarem Wetter, am Waldrand, man hört die Vögel — vielleicht hören Sie's auch ein bisschen — und ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Bartl, dass Sie meine Einladung angenommen haben, hier herauf zu kommen. Weil: Vor mir liegt Ihr Buch „Immer wenn das Licht kam”, eine Biographie. Eine dünne Biographie, noch, Sie sind ja auch noch jung; Wie alt sind Sie jetzt?

Josef: Ich bin 29, ich werde am 29. April 30.

Christian: Aha, steht Ihnen also bevor. Aber eine besondere Biographie, besonders in der Osterzeit. Eine besondere Biographie ganz einfach weil es ja gewissermaßen eine Art Auferstehungsgeschichte ist: Tot waren Sie ja nicht, aber Sie waren nahe dran.

Josef: Ich war eigentlich klinisch tot. Das Buch heißt ja „Immer wenn das Licht kam”, ich hab' eigentlich das Licht schon gesehen. Aber ich bin davon wieder weg gekommen, so zu sagen. Es war sehr knapp, dadurch ist die Biographie entstanden.

Christian: Fangen wir doch mal von vorne an, wir haben ja bisher gehört: 29 Jahre alt. Wo kommen Sie denn her, wo sind Sie aufgewachsen?

Josef: Also ich komm' von der Gemeinde Riedering, bei Söllhuben. Genauer: Mühlham aufgewachsen, bin ein Bauernsohn.

Christian: Wie heißt der Hof?

Josef: Wir heißen und schreiben uns Bartl.

Christian: Der Hof auch?

Josef: Genau, der Hof auch, Hofname Bartl.

Christian: Also das ist ja meistens in Bayern anders, der Gubei und Weiwei, der eine ist der Hofname, der andere …, aber bei Ihnen ist das gleiche, ja?

Josef: Bei uns ist's das gleiche, ja.

Christian: Sind Sie und Ihre Familie da schon länger auf dem Hof.

Josef: Ja, das ist der älteste Hof der Gemeinde Riedering, wo immer der Name Bartl drauf ist.

Christian: Und sind Sie der einzige Sohn, oder haben Sie noch Geschwister?

Josef: Nein, ich habe noch einen älteren Bruder und eine ältere Schwester.

Christian: Also Sie sind so zu sagen das Nesthäkchen.

Josef: Ja genau, ich bin das Nesthäkchen.

Christian: Und immer Mamas Liebling?

Josef: Ja genau, ich bin Mamas Liebling, der Seppi, also einfach Mamas liebster und kleinster. [Lachen]

Christian: Haben Sie Sich auf dem Bauernhof eigentlich glücklich gefühlt, oder haben Sie Abenteuergeschichten gelesen und von der Fahrt nach Südamerika geträumt?

Josef: Nee, niemals von der Fahrt nach Südamerika. Ich war noch nie im Urlaub, drei Tage in Italien, und ansonsten die Landwirtschaft, die Natur…

Christian: Wie viele Tiere habt ihr?

Josef: 22 Milchkühe.

Christian: Haben die Hörner?

Josef: Die haben keine Hörner mehr, nein.

Christian: Seit ihr Biobauern oder normale?

Josef: Normale.

Christian: Habt ihr einmal nachgedacht über Biobauern?

Josef: Also nachgedacht schon einmal, und ich weiß auch nicht genau was dabei rausgekommen ist. Wie gesagt: Mein Bruder wird Landwirt/Bauer, und…

Christian: Schon übergeben?

Josef: Ja, das ist übergeben.

Christian: Also der Bruder ist schon der Bauer?

Josef: Der Bruder ist ein Bauer, genau.

Christian: Wie ist das jetzt als zweiter Sohn, und bekommt früh mit, Du wirst den Hof nicht erben, praktisch. Wann hört man das, wann merkt man das?

Josef: Was heißt merken. Heute zu tage ist ja bei vielen Betrieben das Thema das keiner weiter machen will, nur bei uns zu hause wollten wir halt alle beide mit der Arbeit weiter machen. Und Mensch es war halt dann klar: Mein Bruder nimmt den Hof. Das war am Anfang nicht leicht für mich. Speziell als Kind, wie ich das das erste Mal gehört habe: Mein Bruder wird Bauer, der Ältere, der nimmt den Hof. Das war sicherlich nicht ganz einfach. Und mittlerweile ist es natürlich …. Ich meine er wird Bauer und ich kann jederzeit wieder zu hause arbeiten. Ich habe auch Honigbienen zu hause.

Christian: Wie viele Völker?

Josef: Ich habe neun Völker zu hause.

Christian: Wie viele verloren im Winter?

Josef: Kein einziges — letzten Winter auch nicht. Das mache ich mit meinem Vater zusammen. Mein Vater macht die Winterarbeiten, ich mache die Sommerarbeiten; Wir teilen uns das auf.

Christian: Wie haltet ihr die Varroa in Schach?

Josef: Einfach in dem man sie gut pflegt, die Völker, und indem man es auch behandelt zur richtigen Zeit — und nicht irgendwann oder überhaupt nicht, wie manche die es dann überhaupt nicht behandeln. Und die sind dann natürlich das Schlechte für die anderen Völker, weil die Völker, die den Varroa haben, die stecken natürlich die anderen Völker wieder an. Und das ist das Schlimme an der Varroa: Wenn das jetzt alle gleichzeitig machen würden, alle auf einen Schlag, würde man die Varroa auch weitgehend unter Griff bekommen.

Christian: Die Varroa ist eine kleine Milbe, die sich an die Bienen anheftet, sie aussaugt, und dann werden die Bienen krank und sterben.

Josef: Genau so ist es.

Christian: Und Sie wohnen noch zu hause jetzt, ja?

Josef: Nein, ich wohne jetzt mittlerweile in Achenmühle, aber bin nach wie vor im guten Kontakt zu meinen Eltern. Also ich komme nach wie vor eigentlich täglich nach hause. Ich will einfach jetzt langsam aber sicher von zu hause abnabeln. Wie gesagt, mein Bruder wird Bauer. Es hat einmal geheißen: „Ob der überhaupt mal wieder selbstständig leben kann?”. Jetzt will ich es einfach direkt wagen.

Christian: Also Josef Bartl, das Nesthäkchen in Mühlham, wollte Bauer werden. Ist man dann gerne zur Schule gegangen? Oder hat es geheißen „alle gehen zur Schule, und Du auch”?

Josef: Ja wie es halt so ist auch. Die Ferien waren das Höchste, weil in den Ferien konnte ich zu hause in der Landwirtschaft arbeiten. Ich war Bauernsohn mit Laib und Seele, und für mich ist nach wie vor die Landwirtschaft alles. Die Landwirtschaft hat mich speziell nach meinem Unfall geprägt, durch die Landwirtschaft habe ich unglaublich viel wieder gelernt.

Christian: Von dem Unfall wollen wir erst später reden. Jetzt wollen wir erst einmal den ganz normalen, gesunden, fröhlichen Josef Bartl kennen lernen. Der in Mühlham mit seinen Geschwistern und seinen Eltern in einer heilen Welt aufwächst. Was hatte der dann, nachdem er sich sagen musste „Du wirst nicht Bauer, das bekommt der Bruder”, sich vorgestellt, was hat er gelernt?

Josef: Ich habe dann meine Lehre als Zimmermann begonnen, bei einem der Zimmerei Bauer in Obermühl, die Lehre eben dann bis ins zweite Lehrjahr, und dann musste ich natürlich unfallbedingt aufhören. Das hat man am Anfang natürlich auch nicht gleich eingesehen, aber…

Christian: Ok, unfallbedingt. Da waren Sie wie alt?

Josef: 17.

Christian: 17 Jahre. Nun ist das ja auch eine Zeit, wo man anfängt, sich nicht nur an der Landwirtschaft zu erfreuen, sondern wo man auch anfängt, herum zu fahren. Wann haben Sie denn zum Beispiel irgendein Fahrgerät bekommen? Also zum Beispiel ein Fahrrad haben Sie immer schon gehabt, als Kind schon, als Bub schon, aber wann haben Sie ein Motorrad oder Moped oder etwas bekommen?

Josef: Mit 15 habe ich ein Mofa, und dann mit 16 ein Moped mit 80er Führerschein bekommen. Und dann hab' ich halt ganz normal — aber das ist dann wieder der Unfall. Traktor habe ich gemacht mit 14 schon, frühzeitig, da war dann der Mofaführerschein dabei.

Christian: Ach Traktorführerschein gibt's einen speziellen? Bestimmt muss man beim Traktor einparken oder rumfahren?

Josef: Nein, aber da gibt's einen Führerschein das Du mit dem Traktor auch rumfahren darfst.

Christian: Da braucht man gar keine praktische Prüfung machen, keine Fahrstunden?

Josef: Nee, keine praktische Prüfung, nix.

Christian: Du sagst Du bist ein Bub vom Bauernhof, Du wirst das schon können, ja?

Josef: Ja ich glaube es gibt schon auch praktische Stunden — ich weiß es gar nicht so genau wenn ich ehrlich bin, weil das ist schon zu lange her. Ich glaube das es der 5er Führerschein war, auf jeden Fall habe ich damals auch einen Traktorführerschein gemacht.

Christian: Nochmal zurück zur Zeit der Schule: Waren Sie ein guter Schüler?

Josef: Nee. Ich war halt im Unterricht so dabei, ich war aber nicht überragend.

Christian: Unauffällig.

Josef: Eigentlich mehr oder weniger unauffällig.

Christian: Im Sport, welche Note?

Josef: In Sport dreier.

Christian: Dreier bloß.

Josef: Dreier bloß. Also Sport, was soll ich sagen.

Christian: Liebe Zuhörer, hier ist Christian Doermer im Gespräch mit Josef Bartl. Wir sprechen ja hier mit dem wahrscheinlich einzigen Ironman im Sendegebiet von Radio Charivari. Gehen wir mal gleich ein bisschen nach vorne: Ein Ironman — das ist Englisch und heißt auf Deutsch Eisenmann. Viele Zuhörer werden nicht wissen, was das ist, einige werden es vielleicht schon gelesen haben. Aber noch einmal für die, die es nicht wissen, eine Beschreibung, was ist ein Ironman und wie hat der Josef Bartl das geschafft?

Josef: Also Ironman ist eine Extremsportart: Triathlon. Das sind 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und einen Marathon am Schluss laufen, das sind 42 km.

Christian: Also noch einmal: 3,8 km. Das ist also von Achenmühle bis Rohrdorf. Ungefähr.

Josef: Ja, so etwas.

Christian: Dann aber Schwimmen. Muss man da eine bestimmte Stilart schwimmen, oder kann man da Brust oder Kraulen oder wie man mag schwimmen?

Josef: Na also ich habe Kraulen gelernt. Schon vor dem Unfall habe ich Brustschwimmen gekonnt, aber das nicht besonders gut. Und jetzt natürlich Kraulen und die 3,8 km kraulst Du halt nur voll durch. Bei Brust würde man sich zu sehr verausgaben, zu sehr ausschöpfen.

Christian: Ach, Kraulen braucht weniger Energie? Das habe ich auch nicht gewusst.

Josef: Kraulen, wenn man den Schwimmstil relativ gut beherrscht, so wie ich ihn jetzt relativ perfekt beherrsche…. Beim Triathlon darf Schwimmen keine Anstrengung sein. Man muss eigentlich erholter aus dem Wasser herauskommen, als man rein gegangen ist.

Christian: [Erstauntes Lachen] und das nach 3½ km. Wie lange braucht man dazu?

Josef: Ich habe 1½ Stunden gebraucht. Und wie schon gesagt: Ich habe es geschafft. Ich meine für mich zählen keine Anderen…

Christian: Und dann am nächsten Tag das Radfahren oder am gleichen Tag?

Josef: Nee, gleich im Anschluss.

Christian: Da muss man sich ja umziehen: Aus der Badehose raus und wie?

Josef: Naja dann kommt man in die Wechselzone, das ist ein Zelt, und da zieht man sich um und dann geht's ab zum Radfahren.

Christian: Kann man da nicht sagen: Ich möchte einmal verschnaufen eine Stunde oder so.

Josef: [Lachen] Sagen kann man das schon, nur die Stunde geht einem halt dann ab.

Christian: [Lachen] Achso, das wird nicht gerechnet irgendwie. Die ganze Zeit wird zusammen gerechnet oder was?

Josef: Genau so ist es.

Christian: Wie lange bist Du unterwegs praktisch? Kannst Du Dich eine Stunde hinsetzen und nichts machen, aber es ist dann eben eine Stunde von Deinem Triathlon?

Josef: Kannst Du quasi auch machen, aber Triathlon ist halt einfach Spaß und man soll sich auch sportlich zeigen, und nicht eine Stunde hin hocken.

Christian: 180 km. Das ist ungefähr Rosenheim nach Innsbruck. Ungefähr. Wie lange ist man da unterwegs? Man sagt 20 km/h, sechs Stunden oder was, sieben?

Josef: Ja genau. So etwas. So etwas war ich unterwegs.

Christian: Ha! Jetzt ist es schon bald später Nachmittag. Und was kommt dann hinterher?

Josef: Dann noch einen Marathon laufen, 42 km zum Schluss.

Christian: Liebe Zuhörer, Sie haben es gehört, und er sitzt neben mir. Kennen Sie denn eigentlich einen Ironman aus der Gegend, der da auch mit macht?

Josef: Ja mittlerweile kenne ich ja sogar einige, da ich ja sportlich jetzt ziemlich aktiv geworden bin. Und derjenige, der mich trainiert hat, der Hellauer Hansi, super Freund, Trainer, der war in Hawai dabei. Und der weiß natürlich die Anstrengungen am Besten.

Christian: Also inzwischen ist das gar nicht mehr so exotisch wie man es sich als Laie vorstellt?

Josef: Was heißt exotisch?

Christian: Exotisch heißt so etwas außergewöhnliches, so etwas ungewöhnliches. Also es ist jetzt schon eine Sache, die hier aus der Gegend einige machen, ja?

Josef: Ja klar, das machen einige. Und ich meine ich bin ja gewiss nichts einzigartiges, ich fühle mich weiß Gott nicht so. Und es haben schon mehrere so einen Triathlon gemacht.

Christian: Gut, kommen wir zurück zu dem Unfall. Was ist das jetzt für ein Unfall gewesen? Weil der Unfall ist ja dann praktisch eine Zäsur von der aus Sie sich dann erst einmal wieder so aufrappeln mussten, das der Ironman in Frage kam. Was für ein Unfall war das jetzt?

Josef: Mit dem Leichtkraftrad bin ich gegen einen Baum gerast und habe mir die Hauptschlagader aufgerissen.

Christian: Warum gegen einen Baum gerast?

Josef: Ja die Arteria femoralis habe ich mir aufgerissen. Ich bin an den Baum ran gerast, weil ich von der Straße abgekommen bin. Und das natürlich ordentlich betrunken.

Christian: Mhm. Und waren Sie öfters betrunken oder war das ausnahmsweise Mal, das Sie betrunken waren?

Josef: Nee, ich war schon öfters, sehr viel öfters betrunken, und am Schluss einfach total unbelehrbar. Und der Unfall ist nicht umsonst passiert. Es passiert nichts im Leben umsonst. Und jetzt habe ich natürlich gerade gelernt aus meinen Fehlern.

Christian: Wie ist das jetzt zu der Zeit, wo Sie jetzt in dieser Lage waren. Das sind jetzt also 13 Jahre zurück, praktisch. War es da unter den Jugendlichen so, das derjenige das höchste Ansehen hatte, der am Meisten getrunken hat und hat man sich wechselseitig also Mut gemacht und gesagt „Das geht schon, eine Halbe kannst schon noch trinken, und einen Schnaps auch noch” und so weiter? Oder hat man sich da wechselweise schon ein wenig versucht im Zaum zu halten?

Josef: Das kann man so direkt eigentlich gar nicht sagen. Denn es war einfach eine Zeit wo ich gemeint habe ich bin der Größte, ich kann die Welt erobern so ungefähr. Nur das es nicht so ist, hat man dann gesehen. Und ich war dann am Schluss unbelehrbar. Also meine Freunde haben schon am Schluss gesagt gehabt — von wegen dem Alkoholismus — ich soll aufpassen mit dem Fahren und etc., nur ich war einfach unbelehrbar. Nichts passiert umsonst. Und da kann ich jetzt auch niemandem Schuld geben und das möchte ich weiß Gott nicht, denn wenn ich meine Freunde nicht hätte, dann wäre ich nicht da wo ich jetzt bin.

Christian: Also jetzt waren wir noch beim Unfall. Sie sind vom Weg abgekommen. Wo? War das eine belebte Straße?

Josef: Nee, das war von Söllhuben nach Wolferkam, das war eine sehr unbelebte Straße. Da fährt vielleicht jede Stunde, wenn nicht alle paar Stunden Mal jemand. Da ist durch Zufall gleich die Michaela Hannisch nach Hause gefahren.

Christian: Und die hat das gesehen, das da ein Moped lag.

Josef: Die hat ein Moped auf der Straße liegen sehen. Jetzt heißt sie ja Michaela Angerer, sie ist ja verheiratet mittlerweile, hat zwei Kinder und ich wünsche ihr alles Gute auf alle Fälle. Denn die Frau hat halt zu diesem Zeitpunkt genau das richtige getan. Sie hat gleich den nächsten Feuerwehrkommandanten alarmiert, der wohnt 300 m davon entfernt. Das war noch nicht die Handyzeit. Der war durch Zufall zu hause und ist mit seinem eigenen Auto zum Unfall gefahren, der hat gleich alles alarmieren können und so ist das auch alles zustande gekommen.

Christian: Ja was hat er alarmiert? Ein Feuerwehrmann ist ja bei einem schwer Verletzten nicht der richtige, kann der da jetzt erste Hilfe leisten oder wie ging das vor Sich?

Josef: Ja er hat halt gleich den Notarzt, Krankenwagen und so alles alarmiert und der Notarztfahrer der ist gefahren wie ein Henker. Der hat alles gegeben für den Nächsten und man muss auch echt sagen…

Christian: Ta tü ta ta, also mit Blaulicht und so, ja?

Josef: Ja mit Blaulicht. Es ist ja nur noch um Sekunden gegangen. Es war nur noch ein Wettlauf gegen die Zeit. Gewinnt man den Wettkampf oder gewinnt man ihn eben nicht? Es ist ja nur um das gegangen.

Christian: Ja was war denn das? Sie waren am Boden, Sie hatten einen Unfall. Was hat Sie bedroht? Was hat Ihr Leben in der Situation bedroht?

Josef: Einfach nur der Hauptschlagaderriss. Mehr oder weniger. Weil dadurch ist einfach das Blut so heraus geflossen…

Christian: Bei jedem Schlag vom Herzen pumpt das praktisch raus aus der Hauptschlagader?

Josef: Genau. Und durch das bin ich auch in akute Atemnot gekommen, durch das bin ich auch blau geworden langsam, durch das ist es langsam bergab gegangen.

Christian: Haben Sie das erlebt, bewusst? Waren Sie bei Bewusstsein?

Josef: Ich war eigentlich natürlich nicht bei Bewusstsein, aber irgendwie habe ich alles mit bekommen. Also man muss sagen: Es ist ein wahnsinniges Gefühl und speziell bei mir. Dadurch das mein Kopf und Alles immer besser geworden ist habe ich mich jetzt an viele Sachen sowieso erinnern können. Man kann nicht sagen hinterher, […] auch den Unfall selbst an Ort und Stelle. Das ist alles ein wenig komisch. Das steht auch alles in meinem Buch so weit drinnen. Da möchte ich jetzt auch gar nicht allzu viel mehr erzählen. Auf alle Fälle war das ein Gefühl der Geborgenheit.

Christian: Also die Ader war gerissen, was kann denn ein Notarzt da machen? Der kann das dann irgendwie stoppen. Der muss die Ader abbinden oder so etwas? Das haben Sie ja auch nicht mit bekommen, sondern Sie sind dann praktisch wieder aufgewacht im Wagen, oder Krankenhaus? Wann waren Sie wieder voll in der Lage, zu begreifen was geschehen war?

Josef: Das hat ja ewig gedauert danach. Wie schon gesagt: Ich war zwei Wochen im Koma — im wirklichen Koma, nicht im künstlichen Koma, sondern ich bin direkt ins Koma gefallen durch die Atemnot, durch den Sauerstoffmangel. Ich hatte noch einen Hb-Ẁert von 2,8. Ab fünf kann man kaum noch leben und 16 wäre normal. Es war quasi so gut wie vorbei.

Christian: Koma heißt: Bewusstlosigkeit, nicht mehr ansprechbar, künstliche Ernährung, auch künstliche Beatmung.

Josef: Genau so war es. Künstliche Beatmung und so.

Christian: Die Ärzte kommen bei der Visite und sagen „Ob aus dem was wird, können wir nur hoffen”.

Josef: Ja, vor Allem mein Kopf hat mir null Chancen gegeben. Ich habe nach meinem Unfall zwei Ausbildungen gemacht: Einzelhandelskaufmann und Bürokaufmann. Obwohl das eigentlich aus psychologischer und ärztlicher Sicht — wie sagt man da — schon unvorstellbar war. Es waren einfach zu massivste Kopfverletzungen, ich meine durch den Blutverlust…

Christian: Man muss sagen, wenn man den Josef Bartl heute ansieht…. An der Stirn, ist das hier von dem Unfall, die kleine Falte da?

Josef: [Lachen] Die ist vom Alter.

Christian: Man sieht ja nichts, oder? Bei Unfällen haut es den Leuten oft die Zähne raus, oder so. Bei Ihnen gar nichts, oder?

Josef: Nein, das stimmt. Und dadurch das ich jetzt sehr viel laufe, sehr viel Training mache — ich mache heuer wieder beim Triathlon mit, in Rot bin ich wieder dabei. Und ich will auch einen Monat vorher zum Gardasee runter radeln, mit einem Freund, dem Schneider Andi. Der hat versprochen dass er mit mir runter fährt. Ich bin Anfang Januar vom Rennrad gefallen — so ungefähr schon wieder die gleiche Prozedur — nur das ich dieses Mal „nur” vom Rennrad runter gefallen bin. Da bin ich auch mit dem Sanka ins Krankenhaus gekommen.

Christian: Jetzt?

Josef: Jetzt, dieses Jahr im Januar.

Christian: Ist etwas passiert schon wieder?

Josef: [Lachend] Ja, schon wieder etwas passiert. Und dann natürlich ein Teil vom Finger weg gebrochen und die Schiefsehne gerissen, die wurde dann operativ versorgt.

Christian: Wo war das?

Josef: Das war in Halfing. Da ist jemand von Amerang her gekommen, der hat mich halt völlig übersehen, und hat mich halt um gemäht. Das kann passieren.

Christian: [Lachen] Praktisch heißt das ja Sie haben nicht nur einen Schutzengel, Sie haben mindestens schon mal zwei. Aber er sieht gut aus, der Bartl Josef, muss ich schon sagen. Er hat einen kleinen Ring im Ohr, wie lange schon?

Josef: Jetzt schon einige Jahre, also schon bald acht Jahre so etwas.

Christian: Ja, also nach dem Unfall — und das ist ja auch der Grund weswegen ich mich so freue, mich hier in der Osterzeit unterhalten zu können. Weil es ist ja eine Zeit wo auch die Natur wieder auf steht, wo es grün wird, wo es los geht mit dem Jahr, so richtig fruchtbar wird. Und da spricht man halt gerne mit jemandem, der einen Unfall gehabt hat, der sich aber danach wieder darappelt hat. Geistig und körperlich. Man hört beim Sprechen eine kleine Verlangsamung.

Josef: Eine kleine Sprachverlangsamung, genau.

Christian: Gehen tut er so ein bisschen wackelig; Nein, wackelig nicht, aber so ein bisschen seitlich, so schräg irgendwie.

Josef: Eine unsichere Gangweise noch, aber das passt weitgehend. Wenn man schaut wie es einmal war, und wenn man von dem ausgeht, dann sagt man sowieso „Es ist nichts mehr”, und im Grunde ist auch nichts mehr. Also ich kann damit perfekt leben, und wer nicht damit leben kann, der kann eben nicht damit leben. Jetzt bin ich auch in mir stark geworden, das ist einfach das wichtigste. Mein Selbstbewusstsein war nach dem Unfall total am Boden, und ist gestiegen und gestiegen und gestiegen. Und der Triathlon hat natürlich Welten ausgemacht. Wirklich: Der halt Welten in mir ausgelöst.

Christian: Das man auch mitbekommen kann, wie im Krankenhaus, in der Rehabilitation, so ein schwerer Fall angegangen wird. Ich stelle mir ja vor — Ich selber bin ja in der glücklichen Lage, das ich das noch nicht erlebt habe — das man da Schritt für Schritt vorgeht. Wie hat das denn bei Ihnen angefangen, was war denn der erste Schritt zu einer Wiedereinführung in das normale Leben.

Josef: Ja, meinen Sie jetzt nach der Reha?

Christian: Nach dem Unfall.

Josef: [Zögernd] Nach dem Unfall.

Christian: Da liegst Du einmal im Bett, und jetzt, jetzt stehst Du mal auf…

Josef: Ja ganz so war es wie schon gesagt nicht. Zuerst habe ich einmal Gehen lernen müssen.

Christian: Jetzt stehen wir mal auf, strecken mal die Beine raus, setzen uns mal hin…

Josef: Also so war es auch wieder nicht. Also ich war vier Mal angegurtet, dann bin ich mit dem Stehbrett Schritt für Schritt aufgestellt worden, bis ich dann gestanden bin.

Christian: Achso, das Aufstehen selbst war schon eine Prozedur.

Josef: Klar, der Kreislauf, es ist alles zusammengebrochen, nichts war einfach wie es ist. Genau so wie man in der Früh, wenn man wach wird, nicht einfach aufsteht und Toilette oder schon anziehen, oder Waschen oder sonst irgendwas. Bei mir war einfach nichts mehr möglich, ich konnte mich nicht alleine waschen, ich meine ich brauchte die Schwestern und alles.

Christian: Ja da waren Sie doch im Koma erst einmal völlig weggetreten, bewusstlos, nicht ansprechbar. Das muss doch für die Schwestern auch ein wunderschöner Tag gewesen sein, an dem ihr Patient, der da im Bett liegt, plötzlich die Augen aufschlägt und sagt „was gibt's zum Essen” oder so?

Josef: Ja ich habe auch nicht mehr sprechen können nach meinem Unfall.

Christian: Achso, auch nicht mehr sprechen, gar nicht mehr sprechen?

Josef: Nimmer sprechen können. Die linke Seite war spastisch gelähmt, die rechte Seite war natürlich schwer beschädigt. Am rechten Oberarm war die Elle und die Speiche gebrochen, eine Oberschenkelfraktur hatte ich am rechten Fuß, eine Beinverkürzung um 3,2 cm.

Christian: Aha. Aber können Sie sich noch erinnern an die Reaktion der Schwestern und des Arztes? Es hätte ja auch sein können, das Sie nie wieder aus dem Koma aufwachen. Es gibt ja Patienten — glaube ich — die jahrelang im Koma liegen. Das muss doch auch für das Krankenhaus, für den Arzt, ein wunderbarer Moment sein, wo der Mann, der Josef Bartl, die Augen aufschlägt und sagt da bin ich wieder. Also zu verstehen gibt, das er wieder da ist.

Josef: Natürlich, das war schon eine Sensation — vor Allem weil keiner damit gerechnet hat, dass ich überhaupt wieder werde. Beziehungsweise das der Verstand wieder wird. Durch die Atemnot einfach, durch den Sauerstoffmangel im Gehirn. Dadurch war die linke Seite gelähmt und dadurch hatte ich die Sprachlähmung. Es war also mehr eine Sensation. Also wie ich dann auf die Allgemeinstation gekommen bin, das war alles eine Sensation. Und ich arbeite jetzt im Klinikum in Rosenheim, und die reden mehr oder weniger alle von einem Wunder, und davon wie hart ich um mich kämpfen musste und wie ich das geschafft habe. Vor Allem gegen den inneren Schweinehund […] immer wieder gekämpft habe. Und jetzt habe ich sogar den Triathlon geschafft. Und der Triathlon ist wie schon gesagt das ganz große Aushängeschild und das sagt ja auch etwas über das Gehirn aus, denn man ist ja dementsprechend viele Stunden unterwegs — und auch über das körperliche natürlich.

Christian: Was machen Sie denn am Liebsten beim Triathlon? Das Kraulen, oder das Radfahren, oder der Marathonlauf? Wo ist der schwache Punkt? Wo ist der tote Punkt wo man sagt „Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr, ich gehe nach hause zu meiner Mama”?

Josef: [Lachen] Am Schluss natürlich, der Marathon, der ist brutal. Also der Hansi, mein Trainer, hat mir oft davon erzählt gehabt, aber das das wirklich so hart ist. Das ist ja der Wahnsinn. Ich muss sagen nach dem Schwimmen, nach dem Radfahren, ist es der Anschluss. Das passt, das geht. Aber nach dem Radfahren, nach 180 km! Dort in Roth pfeift einen ständig der Wind um die Ohren, egal wo er her kommt. Und das 180 km lang. Und dann den Marathon laufen, also da muss auch der Kopf noch mit machen. Also das sagt sehr viel über den Kopf aus, über den eisernen Willen.

Christian: Wie oft abgebrochen?

Josef: Wie meinen Sie das, abgebrochen?

Christian: Naja, man schafft ja nicht jeden Marathon. Man hört ja auch einmal auf. Und sagt „Ich gehe nicht mehr, ich mag nicht mehr, ich kann nicht mehr”.

Josef: Naja, wie soll ich sagen. Ich bin schon auch immer wieder einmal gegangen und so, aber ich muss sagen: Ich habe es geschafft. Und nur das zählt für mich.

Christian: Da fällt mir ein, es gibt doch auch die Olympischen Spiele, und es gibt auch diese Paralympics, die Spiele für Menschen, die in der einen oder anderen Weise, also aus dem einen oder anderen Grund, körperlich etwas behindert sind. Haben Sie mal daran gedacht, da irgendwie dabei zu sein?

Josef: Ja, aber wie soll ich sagen. Die Leute bei Paralympics sind fantastisch. Also Paralympics wird immer unterschätzt, mein meint immer nur „ja, die Behinderten machen da was”. Aber was die machen, ist sensationell, das ist mehr als sensationell. Und ich mache ja jetzt meinen Triathlon. Ich bin vermutlich fitter und besser drauf als manch anderer. Wie schon gesagt, bei Paralympics darf man das gewiss nicht unterschätzen, die bringen da eine wirkliche Leistung.

Christian: Können Sie da nicht mithalten, meinen Sie?

Josef: Nein, das nicht. Aber ich mache halt jetzt einfach meinen Triathlon. Und für mich zählt einfach nur meine eigene Leistung, mein Spaß am Sport.

Christian: Jetzt noch einmal zurück zum körperlichen Werdegang vom Koma aus bis zum Triathlon. Das hat insgesamt wie viele Jahre gedauert, vom Krankenbett bis zum ersten vollständigen Triathlon?

Josef: Naja, vom Krankenbett bis zum Triathlon das war schon relative lange. 2003/2004 im Winter habe ich die Lehre abgeschlossen, dann habe ich 2004 das erste mal den Triathlon probiert, das ist leider daneben gegangen im Sommer, ich habe viel zu wenig trainiert. Und 1994 war der Unfall, also zehn Jahre später in dem Sinn.

Christian: Also zehn Jahre später, zehn Jahre Aufbauarbeit.

Josef: Kann man sagen. Zehn Jahre Aufbauarbeit, genau. Aber man muss auch dazu sagen: ich habe eine extra Anwendung gebraucht, nur damit ich meinen linken Arm wie beim Kraulen sauber nach vorne bewegen kann. Und damit ich die Bewegung beim Kraulen sauber machen kann. Dafür habe ich eine extra Krankengymnastik gebraucht. Jetzt bin ich so weit und darüber bin ich auch sehr glücklich.

Christian: Also zugleich eine körperliche Anstrengung auch, aber dann eine geistig/seelische Entwicklung. Weil Sie wollten ja Zimmerer werden, und das ging dann nicht mehr in dem Betrieb. Wahrscheinlich, oder?

Josef: Nein, Zimmermann war einfach nicht mehr möglich, weil damals bin ich ja extrem schwankend gegangen. Extrem gehinkt. Es war alles extrem anders, vom Kopf bis zum Fuß. Und jetzt ist natürlich vieles wieder anders geworden. Aber jetzt bin ich glücklich, so wie es jetzt ist. Jetzt arbeite ich im Krankenhaus in Rosenheim, und fühle mich dort sehr wohl.

Christian: Was machen Sie da?

Josef: Da arbeite ich in der Notaufnahme, da bin ich so eine Art Hilfspfleger und für den Patiententransport zuständig, und unterstütze die Schwestern, was mir sehr viel Freude macht. Weil die Schwestern sind sehr nett. Sehr nette, süße Kolleginnen.

Christian: [Lachend] Ja ich muss aber auch gleich dazu sagen, dass der Bartl Josef — den stellt man sich nach dem Unfall leicht als so ramponierte Person vor — ausschaut wie das blühende Leben. Er hat eine gesunde Gesichtsfarbe, und kann zur guten Stimmung der Schwestern einfach dadurch beitragen, das er sie anschaut.

Josef: Ja, wir haben halt sehr viel Spaß zusammen. Wie sie schon sagen: Einfach durch meine humorvolle Art und Weise. Und dadurch das ich es im Leben so weit gebracht habe. Das ist das Aushängeschild schlechthin.

Christian: Wenn wir nochmal zurückgehen zu der Zeit, wo praktisch das Leben auf der Kippe stand. Wir sind ja jetzt in der Osterzeit. Spielt da Gott eine Rolle?

Josef: Gott spielt immer eine sehr große Rolle. Egal ob zur Osterzeit, zur Weihnachtszeit, zu einer sonstigen Zeit. Gott spielt für mich immer eine große Rolle und Gott ist immer mit mir dabei, immer in mir. Er begleitet mich immer, egal was ich mache, das ist einfach das Nette. Und ich habe auch zu Gott einen großen Kontakt. Das habe ich früher schon auch irgendwie gehabt, nur jetzt ist es einfach dreifach so stark geworden. Und jetzt ist mein Glaube wirklich verankert. Also ich und mein Herrgott, wir wären Kumpel. Wenn er auf der Erde wäre, wäre er mein Kumpel, so ungefähr. Vor kurzem habe ich vor Firmlingen einen Vortrag gehalten, da habe ich auch gesagt „Ich und mein Herrgott, wir wären Kumpel”. Da ist es um Personen und Respekt gegangen und dass man einen Kumpel hat, mit dem man reden kann. Weil heute zu tage die Leute immer weniger Zeit haben füreinander. Mittlerweile habe ich ja wieder viele Kumpel und so, aber das ist jetzt ein ganz anderes Thema. Aber wie schon gesagt: Mein Herrgott ist einfach mein Kumpel. In der Kirche gefällt es mir sehr gut, wenn der Chor singt und so, weil ich dort einfach mit meinem Kumpel reden kann.

Christian: Wie ist es mit dem Beten? Beten Sie regelmäßig oder nur manchmal?

Josef: Ja eigentlich schon. Also, wie soll ich sagen. In der Kirche natürlich sowieso.

Christian: Daheim?

Josef: Ansonsten zuhause schon auch. Aber … wie schon gesagt. Sagen wir einmal ohne zu Lügen.

Christian: Es ist ein Gefühl das Sie begleitet, aber vor dem Essen, dass Sie da…

Josef: Ich kann das so sehr eigentlich gar nicht beschreiben. Der Herrgott ist in mir, der ist bei mir dabei, mein Kumpel, mein Spezi. Ich habe auch das zu meinem Pfarrer gesagt gehabt, zum Pfarrer Karl in Söllhuben. Klar, zeitlich ist man auch zeitlich irgendwie ziemlich angespannt durch den Triathlon, durch die lange Sportart. Meine Kirche besteht alleine durch das, was ich aus mir gemacht habe. Durch das, das ich an mir arbeite. Alleine das ist einfach Glauben für mich.

Christian: Sie haben also festgestellt, bei der Zimmerwerkstatt, durch den Gang und so weiter war das nicht mehr machbar. Welche Möglichkeiten hat denn dann ein Mensch wie Sie für eine Berufsausbildung. Man liest ja heute häufig, das junge Menschen überhaupt Schwierigkeiten haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Wie war das, als Sie eine Ausbildung machen wollten? Wie sind Sie da ran gegangen, und wie haben sie es geschafft das Sie einen Ausbildungsplatz bekommen haben?

Josef: Naja zuerst wollten sie mich ja sowieso in ein Berufsbildungswerk tun, weil sie gesagt haben ich schaffe nichts anderes. Nur ich persönlich, ich habe einfach an mich geglaubt. Und ich habe dann bei der Firma Eder in Tuntenhausen auch meine Lehre zum Einzelhandelskaufmann absolvieren dürfen. Und nicht einmal schlecht. Aber wie schon gesagt. Wenn ich nicht selbst so an mir gearbeitet hätte, und nicht selbst so an mich geglaubt hätte, dann hätte ich es auch nicht geschafft. Das muss ich auch dazu sagen. Dann hätten die Psychologen ja alle zu 100 % Recht gehabt. Aber weil ich einfach so schwer an mich geglaubt habe….

Christian: Haben sie denn eigentlich nur positive Erlebnisse gehabt, mit Menschen mit denen Sie zu tun hatten? Bei der Ausbildung, oder im Krankenhaus. Oder gab es auch Momente, wo Sie das Gefühl hatten, es hätte jemand überhaupt kein Verständnis für Ihre Lage. Oder es benimmt sich jemand Ihnen gegenüber einfach falsch und Sie sind enttäuscht? Haben Sie so etwas nie gehabt?

Josef: Natürlich sehr oft, vielleicht sogar zu oft. Aber meistens war ich schon selber schuld. Wie der Spruch geht: So wie man in den Wald rein schreit, so kriegt man es auch wieder raus. Und ich habe einfach sehr viele Fehler auch gemacht. Ich kann da niemanden für irgendwas schuldig sprechen, denn durch all diese Situationen habe ich gelernt. Deswegen geht es mir jetzt auch dementsprechend besser, beziehungsweise gut. Weil ich eben viele Fehler gemacht habe, aber ich habe aus meinen Fehlern gelernt.

Christian: Nehmen wir einmal den Alkohol. Der Alkohol hat ja eine wesentliche Rolle gespielt, das Sie den Unfall überhaupt gehabt haben. Und der Alkohol ist ja nun auch eine Sucht für viele Menschen. Wie ist das heute? Wie gehen Sie heute mit dem Alkohol um?

Josef: Ja heute trinke ich eigentlich so gut wie gar keinen Alkohol mehr, durch meinen Sport natürlich und so. Ich trinke ja heute auch hin und wieder mal Alkohol, so ist es nicht. Ich sage immer: Ein Unfall wie meiner, der ist passiert. Und der ist nicht umsonst passiert. Ich bin oft genug gewarnt worden, und wenn man ganz normal sein Bierchen trinkt, sage ich das ist in Ordnung. Nur ich sage wie bei mir, das war zu viel des Guten. Aber das ich da jetzt für irgendwas ein Gegner wäre, weiß Gott nicht. Also ich bin ein Mensch, der ist für alles offen, für sämtliche Fragen offen, und ich bin der allerletzte der bei irgendwas gleich sagt „Nein, nichts, machen wir nicht”.

Christian: Was ist mit dem Rauchen?

Josef: Geraucht habe ich auch gleich nach meinem Unfall, aber jetzt schon länger nicht mehr. Seit 1999 nicht mehr.

Christian: Aufgehört?

Josef: Aufgehört, genau.

Christian: War es schwer?

Josef: Nein, überhaupt nicht. Da war ich auch danach auf Urlaub auf dem Berg oben. Da auf dem Berg, die Ruhe. Ich war ganz alleine und da hat keiner geraucht, dadurch war es ganz einfach. Weil wenn Du ständig in den Kneipen bist, da wo andere rauchen, da ist es natürlich sehr schwer, zum Rauchen auf zu hören. Aber bei mir war das mit dem Rauchen auch, weil ich die Lehre zum Einzelhandelskaufmann unbedingt haben wollte. Die hat mir so viel bedeutet, die Lehre. Dann hab' ich die Lehre in der Hand gehabt, ich habe alles geschafft gehabt, ich war so glücklich auf dem Berg oben, ich habe teilweise nur noch gejubelt vor lauter Freude, es war wirklich fantastisch. Und da habe ich auch keinen Grund/Sinn gesehen — Sinn sowieso nicht — das ich rauchen würde. Denn ich war ja glücklich, ich habe ja alles gehabt. Ich habe meine Prüfung gehabt und das war für mich der ausschlaggebende Punkt.

Christian: Ja, jetzt suchen Sie doch dann eine Arbeitsstelle. Sie haben den Einzelhandelskaufmann geschafft. Haben Sie versucht jetzt einfach ganz normal Arbeit zu finden?

Josef: Nein, natürlich habe ich dann nach einer Zeit lang keine Arbeit gefunden gehabt, nach der Lehre. Ich habe dann gemeint Erzieher, das wäre auch ein Traumberuf gewesen.

Christian: Erzieher?

Josef: Ja, beziehungsweise mit anderen Menschen einfach etwas zu machen. Sich für andere Menschen zu engagieren. Einfach in den sozialen Zweig ein zu steigen. […] 1999 im Winter habe ich halt gemeint gehabt ich mache da jetzt eine Lehre oder brauche ein Praktikum als Erzieher. Ich habe gemeint das könnte ich vielleicht machen. Aber das war dann auch nichts.

Christian: Warum nicht?

Josef: Weil ich einfach mit meinem eigenen Handicap noch zu kämpfen hatte, das ich keinen anderen helfen habe können. Aber ich habe dann bei der Firma Ramsl in Bernau begonnen, also im Landhandel.

Christian: Also als Einzelhandelskaufmann, richtig angestellt.

Josef: Ich war da richtig angestellt, als Verkäufer. Ich habe halt den Landwirten auch Futtermittel aufgelegt, auf den Kipper, und war dann auch drinnen Waren verkauft und so.

Christian: Jetzt sind Sie ja in einem Alter, wo die Madln eine Rolle spielen. In der Zeit des Unfalls, aber auch danach. Wie war jetzt da die Reaktion, die Beziehung zu den Mädchen, zu den Frauen? War die irgendwie durch den Unfall und die Folgen anders als andere es erleben? Wie sieht es heute aus, sind Sie irgendwie gebunden?

Josef: Also erstens haben die Mädl nicht nur eine Rolle gespielt, sondern eine sehr, sehr große Rolle. Das war das ausschlaggebende schlechthin. Ich meine die Liebe ist das fantastischste und schönste was es gibt auf der Erde. Und gleich nach meinem Unfall war natürlich alles zusammengebrochen, wie schon gesagt, ich habe mich auch immer total verkehrt benommen. Und durch die Folgen des Unfalls war ich natürlich dermaßen gehandikapt, das sich auch einfach keine Frau mehr für mich interessiert hat. Und jetzt muss ich sagen bin ich wieder glücklich — ich meine ich habe zwar keine Freundin. Aber so wie es kommt, so kommt es. Und ich habe jetzt alles getan weitgehend. Nur das Thema Liebe, das ist jetzt das fantastischste und schönste was es gibt, und das muss kommen.

Christian: Zum 30. Geburtstag. Da schauen wir mal.

Josef: [Lachend] Vielleicht zum 30. Geburtstag, genau.

Christian: Oder beim Ostern Haserl.

Josef: Genau so ist es. Ich meine, Frauen interessieren mich sehr, also spielen eine sehr große Rolle — haben immer eine sehr wichtige Rolle in meinem Leben gespielt, und spiel nach wie vor eine große Rolle.

Christian: Fragen wir mal — kann man ja ruhig machen im Radioprogramm — wie schaut denn die Traumfrau aus? Worauf legen Sie wert? Es gibt ja diese Sendung „Bauer sucht Frau”. Nein, der Bartl sucht keine Frau, aber er hat auch nichts gegen Frauen. Wie stellt er sich denn die Frau vor, mit der er gerne zwei/drei Leben verbringen möchte?

Josef: Also ich meine Bauer bin ich ja keiner, aber es gibt ja den Film. Aber ansonsten stelle ich mir meine Frau einfach ganz normal vor. Wie gesagt ich habe jetzt auch schon einige Beziehungen gehabt.

Christian: Haarfarbe?

Josef: Das alles ist mir Schnuppe. Es muss einfach passen. Gleich wenn man sich sieht muss das Gefühl da sein „Die passt zu mir”. Das Gefühl war zwar in diese Richtung schon öfter da, und ich habe jetzt auch schon mehrere Freundinnen haben dürfen, nach meinem Unfall Gott sei Dank. Das ist das einzige auf das ich Wert lege. Ich meine jeder Mensch hat seine Tücken, jeder Mensch hat seine Fehler, gar kein Thema. Die perfekte Frau wenn Du suchst, dann kannst Du lange suchen. Ich stelle mir einfach eine Frau vor mit der zusammen ich auch ein wenig Sport machen kann, und wo vor Allem auch das Kribbeln da ist. Das Kribbeln ist das, was zählt.

Christian: Schmetterlinge im Bauch.

Josef: Genau. Die Schmetterlinge müssen da sein.

Christian: [Lachen] Gut. Jetzt, im normalen Leben. Heute gehören ja Menschen aller möglichen Behinderungsgrade einfach zum Leben dazu. Die ersten waren vielleicht die Blinden, auf die man große Rücksicht genommen hat. Auf den Bahnhöfen sind ja immer so Streifen wo so Noppen drin sind, dass die das fühlen, und ich hab' immer gewusst wenn die da mit dem Stock entlang gehen und so weiter…. In den letzten Jahren sind die Rollstuhlfahrer stark aufgekommen, gell?

Josef: Ja.

Christian: Und wie ist das jetzt bei Ihnen? Fühlen Sie sich in irgendeiner Form als Behindert, in dem Sinne wie man das Wort gebraucht, oder würden Sie sagen eigentlich fühle ich mich gar nicht behindert, sondern ich habe eigentlich nur so ganz kleine Schwächen? Wie zum Beispiel so einen ganz leicht schrägen Gang, und so ein bisschen eine Verlangsamung der Sprache?

Josef: Genau, also ich kann mit meiner Behinderung wunderbar leben, mir macht das Leben unheimlichen Spaß, und da sind wir schon wieder so weit, das zählt auch. Mein nächstes Buch — jetzt muss ich schon wieder vorgreifen ganz kurz — ich schreibe jetzt ein Buch mit dem Titel „Alles, was zählt”. Das sind halt lauter so Sachen.

Christian: Jetzt habe ich ja das Buch vor mir „Immer wenn das Licht kam”. Was heißt denn das, „Immer wenn das Licht kam”? Die Biographie.

Josef: Das hat mit dem Licht zu tun, das ich öfter gesehen habe. Das Licht das mich öfters vor etwas bewahrt hat. Als ich meine starken Depressionen gehabt habe, als es mir so dermaßen schlecht gegangen ist, dass ich nicht wirklich mit dem Leben Schluss machen habe können, und das ich überhaupt so weit gekommen bin. Das Buch heißt ja „Immer wenn das Licht kam”, wo viele sagen das Licht, das kann es nicht geben. Viele, die sagen: im Himmel, da gibt es überhaupt nichts. Aber ich sage mir: das Licht, das gibt es. Das Licht, das habe ich gesehen. Das Licht ist auf mich zugekommen, und das Licht hat mich in meinem Leben vor Schlimmeren bewahrt. Auch wenn ich jetzt eine Behinderung habe und so.

Christian: Wie ist denn das amtlich? Zählen Sie amtlich als Behinderter? Haben Sie einen Ausweis? Oder gibt es für so eine leichte Behinderung gar nichts?

Josef: Ja, ich habe eine 70 %ige Schwerbehinderung.

Christian: Weswegen denn 70 %?

Josef: [Lachen] Ja, es war alles einmal anders. Aber ganz anders.

Christian: Das haben Sie beibehalten praktisch? [Lachen]

Josef: Der Behinderungsgrad, der bleibt ein Leben lang, was man aus sich macht, ist jedem selbst überlassen, so ungefähr. Ich meine einmal hat man auch nichts merken können. Genau so wie ich vorhin zu Ihnen gefahren bin. Ich bin auf Anhieb zu Ihnen ans Haus hingefahren. Ich war am 22. in Leipzig, habe eine Vorlesung abgehalten über mein Buch, über den Verlag „August von Goethe Verlag”, der in Frankfurt ist. Da war in Leipzig eine Buchausstellung, da war ich auch vorhanden.

Christian: Also die zweite Auflage von dem Buch.

Josef: Ja, es wurde gleich danach die dritte Auflage gedruckt.

Christian: Dann sind Sie ja ein reicher Autor. Dann kann er doch einmal am 30. Geburtstag eine Party springen lassen.

Josef: [Lachen] Nein, keine Party springen lassen. Sicherlich werde ich auch mit meinen Freunden ein bisschen feiern. Das ist natürlich auch ganz klar. Und natürlich auch ein bisschen einen Alkohol trinken. Weil ich bin ja auch ein Mensch. Das muss man immer dazu sagen.

Christian: Ja? Und wenn man da jetzt zum Fasching in der Disco ist, und man kommt raus und hat so ein bisschen einen schrägen Gang, wie reagiert da die Polizei?

Josef: Ja, im Fasching. Heuer im Fasching habe ich Hochsaison gehabt, da bin ich x-mal aufgehalten worden von der Polizei. Denn wenn ich oft nach dem Training weggegangen bin, und dann natürlich recht erschöpft aus der Kneipe raus bin, dann hat mich natürlich die Polizei gesehen und gleich an Ort und Stelle aufgehalten.

Christian: Polizeikontrolle? „Machen Sie mal bitte das Fenster runter”, „Kann ich mal den Führerschein sehen?”, „Haben Sie etwas getrunken?”

Josef: Genau, Fahrzeugkontrolle. „Führerschein bitte, Fahrzeugpapiere” dann „aussteigen bitte” und „hätten Sie etwas dagegen, einmal ins Röhrchen zu blasen”.

Christian: [Lachen] „Hätten Sie etwas dagegen”. Fragen die „hätten Sie etwas dagegen”, ja?

Josef: Genau.

Christian: Also machen wir das Mal. Hätten Sie etwas dagegen, hier in das Röhrchen zu blasen?

Josef: Nein, natürlich nicht.

Christian: Holen Sie tief Luft, und dann blasen Sie kräftig hinein.

Josef: Genau so war es. Und das war für mich natürlich kein Problem, weil ich immer 0,0 Promille gehabt habe. Was für die Polizisten natürlich auch sehr unangenehm war. Aber wie schon gesagt da habe ich immer blasen müssen. Einmal habe ich nicht blasen müssen. Aber sonst habe ich jedes Mal blasen müssen. Es war immer total witzig irgendwie, weil die einfach total blöd geschaut haben. Ist ganz klar, wenn jemand, der eine unsichere Gangweise hat, langsam spricht, dann plötzlich 0,0 Promille hat. Genau so nach dem Faschingszug bin ich auch nach hause gefahren. Ich bin den ganzen Tag am Faschingszug gewesen und habe nur Wasser getrunken. Da haben sie mich natürlich auch aufgehalten. Und 0,0 Promille wieder. Das ist für die natürlich auch irgendwie blöd. Aber die müssen ihre Kontrollen machen, und es ist glaube ich für die auch einerseits besser er hat 0,0 Promille.

Christian: Auf jeden Fall ist das der 70 % Behinderte, der den Triathlon macht. Das ist ein bisschen ein kleiner Widerspruch, wenn man so will. Ich hätte Ihnen höchstens 10 % gegeben, wenn Sie mich gefragt hätten.

Josef: Naja man darf auch nicht so sagen. Man muss auch immer seiner Behinderung und seiner Sache schon auch bewusst sein. Denn ich finde, wenn ich jetzt sagen würde: „Ich habe überhaupt keine Behinderung”…. Weil ich kämpfe nach wie vor um mein Leben, und mein Leben wird immer ein Kampf sein, durch mein Schädel-Hirn-Trauma und so weiter. Und nur das macht mich eben stark, weil ich weiß, dass ich ein Handicap habe, dass ich etwas habe, an dem ich arbeiten muss. Und das macht mich stärker als alle anderen.

Christian: Also ich finde es auch erstaunlich, dass Sie den Führerschein gemacht haben. Weil das ist ja heute auch nicht mehr so einfach. Den Mopedführerschein hatten Sie ja schon früher, aber den Autoführerschein haben sie ja jetzt erst gemacht.

Josef: Ja, den habe ich gleich nach der Reha schon machen dürfen. Damals habe ich ihn beantragt — da war natürlich noch alles viel, viel schlechter. Der Herr Guggenbichler Hans, wo ich ihn gemacht habe, hat mich da bestens darauf vorbereitet. Theorie habe ich auf das erste Mal bestanden, und praktisch hat es das erste mal nicht ganz geklappt. Das ist ja kein Thema, das passiert mehreren. Es hat aber beim zweiten Mal gleich gekappt. Und beim ersten Mal war es natürlich auch so ein Thema: Ich habe nur Spaß gemacht unterm Fahren, unter der Prüfung. Und das geht einfach nicht. Man muss einfach ernst sein bei gewissen Sachen. Genau so bei Ihnen, Herr Doermer, wo ich mit Ihnen hier spreche und rede, da bin ich auch ernst und mache nicht irgendeinen Schmarrn, so zu sagen. Und so ist das einfach im Leben. Abschätzen zu können: Was ist jetzt Ernst, und was ist Spaß?

Christian: Ja, wir kommen allmählich ans Ende unserer Sendung. Und ich freue mich ganz besonders, dass ich hier in der Osterzeit die Gelegenheit gehabt habe, mit Ihnen zu sprechen. Sie wollten noch etwas sagen über Ihr neues Buch, und ich glaube auch über eine Veranstaltung, die jetzt ansteht.

Josef: Genau. Also die Veranstaltung die wäre am 14. April bei der Buchhandlung Fuchs, in Rosenheim, ziemlich neben Karstadt. Da mache ich zwischen 11 Uhr und ein Uhr Nachmittags eine Signaturstunde, da gebe ich Autogramme und so. Und ich würde mich wirklich freuen, wenn viele, viele, viele Leute kommen würden. Das wäre für mich wirklich fantastisch.

Christian: Was für ein Wochentag ist das, wissen Sie das zufällig?

Josef: Das ist ein Samstag.

Christian: Samstag, der 14. April. Und Sie geben Autogramme, in was? In welches Buch hinein?

Josef: In mein Buch: „Immer wenn das Licht kam”.

Christian: Ach, das neue Buch ist noch nicht da? Was kostet denn das?

Josef: Also das hier kostet 8,90 €. Und das neue Buch — da will ich auch versuchen, einen Mehrteiler zu schreiben […].

Christian: Ja wie schreiben Sie denn? Schreiben Sie daheim? Setzen Sie sich da hin und schreiben Sie mit der Maschine, oder mit dem Bleistift, oder wie geht das?

Josef: Meine Maschine, am Laptop. Genau. Ich habe mir jetzt einen Laptop gekauft, und da schreibe ich das, genau. Und das macht mir sehr viel Spaß, das Schreiben. Und vor Allem: es geht halt um den Respekt. Und um das allergrößte Thema, das wir vorhin schon angesprochen haben, was nur für keinen so direkt zählt: Die Liebe.

Christian: [Lacht]. Das habe ich mir gedacht. Ich habe mir gedacht was kommt jetzt? Jetzt kommt die Liebe.

Josef: Genau so ist es. Weil die Liebe ist, wie ich vorhin schon gesagt habe, das fantastischste und Größte, was es gibt auf Erden.

Christian: Kann man nicht gerade in Ihrer Lage sagen: Das allergrößte ist das Leben?

Josef: Ja, das Leben sowieso an sich. Aber das Leben ist halt auch schöner, wenn man es teilen kann. Und ich meine, ich wohne jetzt alleine in Achenmühle, aber ich muss sagen, mir gefällt's jetzt auch mal, wenn ich jetzt mal kurz alleine wohne. Und eine Hotelmama mal kurz draußen, so ungefähr, aber es wäre gewiss nicht etwas für immer. Also ich muss sagen: Irgendwann kommt auch meine Traumfrau. Und alleine weil ich so ungefähr alles dafür tue. Alleine, wie ich mein Leben im Griff habe und so.

Christian: Sie arbeiten jetzt in der Klinik als Hilfspfleger, kann man davon leben?

Josef: Davon kann man nicht leben. Aber ich habe auch noch einen 400 €-Job.

Christian: Was für einen Job?

Josef: Einen 400 €-Job bei der Firma tickt, in Stephanskirchen.

Christian: Also zwei Jobs praktisch, ja?

Josef: Ja genau, den 400 €-Job und den Halbtagesjob, genau.

Christian: Und was machen Sie da in Stephanskirchen?

Josef: Ja, wenn ich ganz ehrlich bin, bei der Firma tickt arbeite ich jetzt auch nicht mehr, weil die brauchen keine mehr, leider. Da habe ich Kleinteile zusammen geschraubt. Jetzt denke ich das ich bei der OVB einen Job bekomme. Aber da muss ich erst noch Bescheid bekommen darüber. Auf alle Fälle würde ich mich sehr freuen, beim OVB. Weil: Da hätte ich auch wieder süße Kolleginnen [Lachen].

Christian: Es ist vieles ganz normal auch jetzt wieder, im Leben von Josef Bartl. Das er überhaupt wieder, hier am sonnigen Waldrand mit mir spricht, sprechen kann, nach diesem Unfall vor nunmehr 13 Jahren, das ist eben nicht normal. Und über Ihre Erfahrungen und über Ihr Beispiel, in der Bewältigung einer schweren Krise, halten Sie ja auch Vorträge und Seminare.

Josef: Motivationsvorträge, ja, die sehr gut ankommen. […]. Jetzt habe ich auch mit der Polizei in Rosenheim zusammen gearbeitet, über Jugendalkoholismus im Straßenverkehr. Da war ich an den Berufsschulen eins und zwei in Rosenheim tätig. So geht es halt weiter. Ich sehe immer a dass etwas geht im Leben und b dass ich mich selbst rehabilitieren kann, und c dass ich etwas für andere tun kann. Einfach dass ich durch meine Fehler und Erfahrungen im Leben sprechen kann.

Christian: Wo kann man Sie denn erreichen?

Josef: [Lacht] Unter www.josef-bartl.de. Da stehen alle Daten drin und da kann man sich auch über mich informieren, über mein Leben und so. Ich habe meine eigene Homepage, wo unter Aktuelles immer die neuesten Sachen drin stehen. Und was natürlich das allergrößte ist, was ich vorhin nicht gesagt habe: Ich bin natürlich jetzt auch Taufpate. Mein Bruder ist Vater geworden, wieder. Und das ist für mich das Größte und Schönste überhaupt. Und das ich meine Schwägerin unheimlich gerne mag, das ist der eine Teil. Aber vor Allem, dass die mir auch die Verantwortung zutrauen. Denn ich meine das wäre ja auch nicht mehr alles so gewesen. Nur jetzt bin ich Taufpate, und darüber bin ich sehr, sehr, sehr glücklich.

Christian: Übrigens noch zur Homepage nochmal eine kleine Ergänzung: Josef Bartl, Bartl schreibt man nicht Bartel, sondern B a r t l. Also Bartl. Wo der Bartl den Most holt, praktisch.

Josef: Genau so ist es.

Christian: Gut. Wir hier, die wir hier zusammen sitzen, am Waldrand, wo wir die Aufnahme machen, verabschieden uns jetzt von Ihnen, und bedanken uns fürs Zuhören. Und ich glaube ich sage es auch im Namen von vielen Zuhörern, die diese Sendung gehört haben: Wir wünschen dem Josef Bartl alles Gute, wir freuen uns mit ihm, dass er es geschafft hat. Und wir wollen allen Menschen raten, die jetzt vielleicht in einer ähnlichen Lage sind — nicht so wie der Josef Bartl, es aber einfach schwierig haben — sich ein Vorbild zu nehmen, irgendwie an ihn zu denken und zu sagen: „Der hat es geschafft, vom Koma zum Triathlon, zur Ausbildung“. Und das Madl das schaffen wir auch noch.

Josef: Natürlich schaffen wir das auch noch. Aber es kommt wie es kommt.

Christian: Gut. Das war's. Eine Programmstunde im Programm Funkturm bei Radio Charivari. Am Mikrophon verabschiedet sich, mit herzlichem Dank nochmal an Josef Bartl, Ihr Christian Doermer.